88
Views

Am vergangenen Sonntag, den 28. Juli 2024, spielte US-Superstar Taylor Swift ihr letztes von insgesamt 7 Konzerten ihrer Eras Tour in Deutschland. Nach drei Abenden in Gelsenkirchen und jeweils zwei Konzerten in Hamburg und München verschlägt es sie nun nach bereits 123 Konzerten auf ihrer aktuellen Welttournee als nächstes nach Polen. Mir brennt dabei vor allem eine Frage unter den Nägeln: Ob wir jetzt endlich von den immer gleichen „Ich verstehe den Hype nicht“ und „Milliardärin ohne Kreativität und Profil nimmt unschuldige Fans aus“-Postings verschont werden?

Denn ja, ich bin es einfach leid, dass Menschen so viele meist zutiefst misogyne und hasserfüllte Takes über eine Künstlerin posten, die mir musikalisch echt schon lange am Herzen liegt. Ich bin kein kritikunfähiger Die-Hard-Fan, für den man schnell abgestempelt wird, aber ich finde den Umgang mit ihr dennoch unfair. Daher gibt es hier nun eine Einführung für Leute, die wirklich verstehen wollen, was grob hinter dem angeblichen „Hype“ steckt. Ich verlange von niemandem, ein Fan zu werden. Ich möchte einfach nur, dass die ganzen Unwahrheiten aufhören und sie als Künstlerin für ihre Leistungen zumindest grundlegend respektiert wird.

Taylor Swift: Ihre musikalische Karriere im Schnelldurchlauf

Taylor Alison Swift wusste früh, was sie wollte. Im Alter von 14 Jahren begann sie mit dem Schreiben ihrer ersten Texte. Bereits 2004 erhielt sie einen Songwriting-Vertrag mit Sony/ATV Music Publishing und überzeugte ihre Eltern davon, mit ihr von Pennsylvania nach Nashville in Tennessee zu ziehen, um Country-Musikerin zu werden. Der emotionale und natürlich auch der finanzielle Support ihrer Eltern zahlten sich aus: 2005 unterschrieb sie ihren Plattenvertrag mit Big Machine Records. Ihre erste Single Tim McGraw erreichte bereits Platz sechs der amerikanischen Country-Charts, das dazugehörige Album Platz fünf der Billboard 200. Es erhielt 5-fach Platin, weitere Singles platzierten sich in den US-Country-Charts. Ihr zweites Album Fearless wurde in den USA bereits zum meistverkauften Album des Jahres 2009. Und von da an ging es eigentlich nur noch steiler bergauf.
Da ich nun niemanden mit der Historie verschiedener Alben und Chartplatzierungen langweilen möchte, mache ich es hier kurz: Mittlerweile hat sie 11 Studioalben veröffentlicht und deckt damit verschiedenste musikalische Facetten ab – von ihrer ersten großen Musikliebe Country über lupenreinen Pop, Poprock, Synthiepop, Indie und Folk bis hin zu Elektropop mit Hiphop- und Trap-Einflüssen. Wer behauptet, alle Songs würden ja gleich klingen und inhaltlich gleichermaßen bedeutungslos sein, sollte vielleicht erstmal die Alben abseits der Radiosingles in die Hand nehmen. Ich für meinen Teil verwechsle Champagne Problems jedenfalls nicht mit Bad Blood, The Smallest Man Who Ever Lived oder Lavender Haze. Stand jetzt hat Taylor bereits 14 Grammys gewonnen und bricht regelmäßig verschiedene musikalische Rekorde. Ach und so ganz nebenbei führt sie mittlerweile bei vielen ihrer Musikvideos selbst Regie.

Auch in Bezug auf die Bezahlung von Musiker*innen hat Taylor Swift bereits Großes geleistet. Mit Hilfe eines offenen Briefs brachte sie Apple Music zum Umdenken und erreichte, dass der Musikstreamingdienst Künstler*innen auch bereits für Streams in der kostenlosen Testphase der User bezahlt.

Was sind Taylor’s Versions (TV)?

Im Jahr 2019 kaufte der Talentmanager und Musikproduzent Scooter Braun das Musiklabel Big Machine Records. Somit wurde er auch zum Eigentümer sämtlicher bis dahin erschienener Masters, Musikvideos und Artworks von Taylor Swift im geschätzten Wert von etwa 300 Millionen US-Dollar. Sie versuchte nach eigenen Angaben, die Rechte an ihren eigenen Songs selbst zu erwerben, bekam aber nur in ihren Augen unfaire Deals angeboten. Ihr soll sogar zeitweise verboten worden sein, ihre Songs live aufzuführen oder in einer Dokumentation über sie zu verwenden. Da die Rechte an den Texten und Melodien weiterhin bei Taylor lagen, schlug ihre Kollegin Kelly Clarkson ihr vor, die Alben einfach neu aufzunehmen. So entstanden die sogenannten Taylor’s Versions. Mit Stand Ende Juli 2024 stehen noch die Neuveröffentlichungen der Alben Taylor Swift und Reputation aus.

Übrigens: Scooter Brown wird eine Freundschaft zu Kanye West nachgesagt, dem ich den nächsten Teil dieses Beitrags widmen werde.

Wieso Taylor Swift für viele als feministisches Vorbild gilt

Kanye West und die MTV VMAs

Die Fehde zwischen Kanye West, Kim Kardashian und Taylor Swift reicht zurück bis ins Jahr 2009. Die damals gerade einmal 19-jährige Taylor Swift erhielt einen MTV Video Music Award für das Beste Musikvideo zu You Belong with Me. Während ihrer Dankesrede sprang der Rapper auf die Bühne, unterbrach sie und entriss ihr das Mikrofon, um der Öffentlichkeit mitzuteilen, dass Beyoncé mit dem Video zu Single Ladies (Put a Ring on It) diesen Preis verdient habe. Sowohl Taylor, als auch Beyoncé reagierten geschockt und das Publikum buhte. Später gab Taylor Swift zu, dass sie damals überhaupt nicht wusste, ob Kanye oder sie ausgebuht worden war. Als Beyoncé im Verlauf der Veranstaltung noch einen Preis für das „beste Video des Jahres“ gewann, holte sie Taylor zurück auf die Bühne, damit sie ihre Danksagung beenden konnte.

Taylor trug Kanye diesen Zwischenfall nicht lange nach. Sie stimmte sogar zu, ihm auf seinen eigenen Wunsch hin einen Award zu überreichen – bis er den Umstand erneut gegen sie verwendete und die Geschichte so drehte, dass MTV das alles nur für Einschaltquoten so eingefädelt hätte.

Der Fall „Famous“

Den bisherigen Tiefpunkt erreichte West allerdings mit einer anderen Aktion. So bat der Rapper Taylor darum, seinen neuen Song Famous zu promoten. Konkret ließ er sich folgende Zeile von ihr absegnen:

To all my Southside nigg*s that know me best. I feel like Taylor Swift might owe me sex.

Schon eine heftige Zeile, da es einfach nur dreist ist zu behaupten, dass irgendwer irgendwem Sex „schulde“. Taylor zeigte sich verunsichert und wenig begeistert.
Als der Song dann jedoch final veröffentlicht wurde, traute Taylor ihren Ohren nicht. Kanye hatte den Text verändert und rappte statt der abgesprochenen Textvariante folgendes:

I feel like me and Taylor might still have sex. Why? I made that bitch famous.

Mal abgesehen davon, dass die beiden nie Sex hatten, ist die Behauptung rund um die Berühmtheit von Taylor einfach nur gelogen. Man schaue sich nur einmal an, was man angezeigt bekommt, wenn man nach „Taylor Swift VMAs“ und „Kanye West VMAs“ googelt:

Als die Zeilen dann also zu Recht für Trubel sorgten, verteidigte sich West damit, Taylor Swift habe der Veröffentlichung ja zugestimmt. Seine damalige Frau Kim Kardashian sprang ihm schützend zur Seite und leakte das heimlich aufgenommene Telefonat. Taylor beteuerte immer wieder, dass dieses Telefonat so aus dem Zusammenhang gerissen und bewusst falsch zusammengeschnitten worden war. Das Internet kochte, besonders Kim Kardashian stellte Taylor als falsche Schlange dar und es trendete das Hashtag #TaylorSwiftisoverParty. Kaum jemand schien der Musikerin zu glauben. Der Vorfall brachte sie an die Grenzen ihrer mentalen Gesundheit, weshalb sie die USA verließ und sich ein ganzes Jahr lang in einem angemieteten Haus verkroch und aus der Öffentlichkeit verschwand. Sie stieß in der Zeit viele Menschen von sich, weil sie niemandem mehr vertraute. Schlussendlich nutzte sie ihre Wut und ihren Trotz als Basis für neue Musik.

Wie Taylor Swift sich wiederholt wehrte & Gutes tat

Mit Veröffentlichung ihres Albums reputation, dessen wichtigstes Symbol eine Schlange ist, zeigte Taylor eine ganz andere Seite von sich und rechnete mit diversen Feind*innen ab. Doch es dauerte noch drei weitere Jahre, ehe endlich das vollständige Telefonat zwischen Kanye und Taylor geleakt wurde, das ein für alle Male klar stellte, dass sie stets die Wahrheit gesagt hatte. Über die schlimmen Umstände dieser Fehde singt Taylor auch in den Songs thanK you aIMee (die Großbuchstaben ergeben den Namen Kim) und Cassandra auf ihrem im April 2024 erschienenen Album The Tortured Poets Department.

Auch andere Angriffe ließ Taylor Swift nicht auf sich sitzen – so wehrte sie sich etwa vor Gericht gegen einen früheren Radio-DJ, der sie bei einem Meet & Greet bewusst unsittlich am Po anfasste. Und nein, sie füllte sich damit nicht ihr Bankkonto. Während ihr Gegner eine Entschädigung in Millionenhöhe verlangte, ging es ihr um ein Zeichen. Sie bekam Recht, einen Dollar Schmerzensgeld und spendete im Anschluss Geld an eine Organisation für Opfer von sexueller Gewalt.

Nicht unerwähnt bleiben sollten auch diverse motivierende Songs von Taylor Swift. Um den Rahmen des Beitrags nicht weiter zu sprengen, gehe ich nur auf einen Bruchteil davon ein. Besonders wichtig ist mir etwa der The Man, wo es darum geht, wie stark sich die gesellschaftliche Wahrnehmung von Männern und Frauen unterscheidet:

Neben diversen zum Teil auch eher unterschwellig queer-coded Songs fällt vor allem noch Only the Young ins Auge. Dieses Lied schrieb sie im Rahmen ihrer (absolut sehenswerten) Netflix-Dokumentation Miss Americana. Es handelt von der nächsten Generation politischer Aktivisti und markiert den Punkt, an dem Taylor Swift im Jahr 2018 ihr politisches Schweigen gegen Anraten ihres Teams brach, ihre Fans zum Wählen aufrief und sich klar gegen die konservativen Ansichten der Republikanerin Marsha Blackburn positionierte, die sie damals als „Trump in a wig“ (= Donald Trump mit Perücke) bezeichnete.

Die Zielgruppe von Taylor Swift

Die Kernzielgruppe von Taylor Swift ist nicht wie vielfach behauptet voll mit kleinen Kindern und Jugendlichen. Besucht man mal eins ihrer Konzerte oder beschäftigt sich mit den Swifties im Internet, dann wird eines deutlich: Tatsächlich ist ein Großteil der Fans buchstäblich mitgewachsen. Ein großer Teil ist in etwa so alt wie sie, also Anfang bis Mitte 30, einige Fans sind aber auch von Klein auf mit ihrer Musik groß geworden. Hinzu kommt, dass langjährige Swifties längst in dem Alter für eigene Familien sind. So kommt natürlich automatisch auch jüngerer Nachwuchs zur Fanbase hinzu.
Insgesamt versammelt sie also eine eher eine erwachsene Fanbase hinter sich. Das will man aber auch hoffen, wenn sie über Themen wie Selbstmordgedanken, Liebesdreiecke, Verrat oder Trennungen singt oder auch mal ihre sexy Seite zeigt.
Für viele ist Taylor Swift wie eine Freundin oder Schwester, die mit intelligenten Texten auszudrücken schafft, was man selbst nicht in Worte fassen kann. Im einen Song singt sie aus erster Hand von Gefühlen, die wir alle so oder so ähnlich wie sie kennen und auf dem nächsten Album kreiert sie mitreißende Welten, als würde man gerade ein spannendes Buch lesen oder eine fesselnde Serie schauen.
Wer davon nicht genug bekommen kann, freut sich darüber hinaus noch über die zahlreichen Easter Eggs, die sie seit Beginn ihrer Karriere in ihren Alben und Musikvideos, im Internet, bei öffentlichen Auftritten und sogar in der Wahl ihrer Outfits streut. Wer mag, kann sogar während der Eras Tour mittels einer durch Swifties entwickelten App mitraten, welche ihrer vielen unterschiedlichen Bühnenoutfits sie während ihres Sets trägt, welche Surprise Songs sie spielen wird und dabei auch noch exklusive Preise wie seltenen Merch absahnen. Die Welt rund um Taylor Swift und ihre Musik ist so gesehen auch was für Fans von Rätseln, Escape Rooms und Krimis.
Und für Leute, die einfach sie selbst sein und zusammen eine gute Zeit haben wollen. Auf einem Taylor Swift Konzert wird man als weiblich gelesene Person nämlich endlich mal nicht mit dem Vorurteil konfrontiert, man kleide sich nur für die Aufmerksamkeit für Männer. Ob Cowboy Boots, Glitzer und Pailletten, mit viel Liebe zum Detail nachgebildete Outfits aus Taylors Historie, kreative Interpretationen wie ein Kleid im Stil ihres Surprise Song Pianos oder schlichter bemalte oder bedruckte Shirts – Leute ziehen einfach ihr Ding durch, werden dafür von Anderen gefeiert und mit Komplimenten überschüttet. Ob selbstbewusst und laut oder schüchtern und leise – Swifties gehen auf Konzerten aufeinander zu, tauschen Friendship Bracelets miteinander (diese Freundschaftsbändchen mit Buchstabenperlen) und haben einfach eine gute Zeit. In Zeiten voller Krieg und Hass in der Welt ist das eine angenehme Abwechslung zum grauen Alltag.

Übrigens: Während der Trend der Friendship Bracelets schon eine Weile unter Swifties kursierte, sorgte Taylor mit einem Song auf ihrem 2022 erschienenen Album Midnights für einen absoluten Hype um den selbstgemachten Schmuck. In You’re on your own, kid singt sie folgende Zeilen:

So make the friendship bracelets, take the moment and taste it
You’ve got no reason to be afraid

Die Darstellung von Taylor Swift innerhalb vieler Medien

Taylor Swift und die Liebe

Es ist leider etwas bezeichnend, worum es vielen Medien im Kontext von Taylor Swift geht. Statt sich etwa auf ihre Musik und ihre positiven Einflüsse zu konzentrieren, geht es bei ihr seit jeher vor allem um ihr Datingleben und ihren angeblich hohen „Männerverschleiß“. Wenn man mal bedenkt, dass sie nun seit dem Teenageralter unter Beobachtung der Medien steht, offenbart das in meinen Augen ein verdammt trauriges und kleingeistiges Frauenbild. Ich würde gern mal sehen, wie eine*r der Kritiker*innen damit klarkommen würde, stets unter Beobachtung zu stehen und unter diesen Umständen eine gesunde zwischenmenschliche Beziehung aufzubauen.
Besonders traurig wird es in meinen Augen, wenn sich dann darauf gestürzt wird, wie oft sie doch über gescheiterte Beziehungen singt. Von Ed Sheeran bis hin zu den Beatles war Liebe als großes Thema nie ein Problem. Komisch, dass dann bei Taylor eins draus gemacht wird.
Dass der Anteil an Breakup-Songs in Taylors Discographie gar nicht so hoch ist wie immer behauptet wird, hat ein Fan bereits vor 4 Jahren untersucht. Unter Anbetracht der damaligen Veröffentlichungen handelte es sich bei einer Anzahl von 140 Songs um gerade einmal 39 Breakup-Songs mit verschiedenen Sichtweisen auf dieses Thema (Zeichen für eine baldige Trennung, Selbstreflexion, Unverständnis, Wut uvm.) Darüber hinaus gibt es oft mehrere Interpretationsweisen verschiedener Lieder: Während ein Lied für einer Person ganz klar von Liebe handelt, interpretiert jemand anders diesen als einen Song über Glauben.

Wahrnehmung innerhalb der NFL

Weiterhin fällt auf, wie unterschiedlich verschiedene Gruppen auf Taylor reagieren:
Während sich Swifties darüber freuen, dass ihr Partner und Tight End der American Football Mannschaft Kansas City Chiefs Travis Kelce sie öffentlich unterstützt und sogar Teil ihrer Performance wird, zerreißen sich viele NFL-Fans bereits nach kurzer Zeit die Mäuler über sie und tun so, als würde sie den kompletten Sport an sich reißen. Natürlich nutzt die NFL sie auch als Werbeträgerin und zeigt sie deshalb auch das eine oder andere Mal kurz während der Spiele. Aber man stelle sich mal vor: In den USA gibt es nun viele Familien, in denen jetzt gemeinsam der Sport verfolgt wird. Ist das nicht ein positiver Wandel? Der ganze Spott ist meiner Meinung nach daher komplett unverhältnismäßig.

Wofür Taylor Geld ausgibt

Ein weiteres beliebtes Thema ist der eher pompöse Lebensstil von Taylor. Wann auch immer Klatschblättern irgendwas zu Ohren kommt, berichten sie davon, von welchen Luxusmarken sie Fan sei, welche Luxusgegenstände Travis ihr wieder zu welchem Preis geschenkt haben soll oder wo sie welche Häuser besitzt. Ja wenn die beiden genug Geld verdienen, sollen sie’s doch machen. Es ist ja jetzt auch nicht so, als würde sie ihr Geld nur verprassen. Auf Tour hat sie beispielweise den örtlichen Tafeln so große Spenden zukommen lassen, dass diese ein Jahr lang sorgenfrei agieren können. Darüber hinaus spendete sie etwa an die Familie eines erschossenen Fans der Kansas City Chiefs am Rande der Feierlichkeiten zum Sieg beim Super Bowl 2024, beteiligte sich finanziell am Wiederaufbau nach einem Tornado in Tennessee, spendete einem krebskranken Fan und vieles mehr. Auch die großzügigen Boni und die lange Zusammenarbeit mit einigen ihrer Crewmitglieder auf Tour sprechen für sich. Viele ihrer Mitarbeitenden begleiten sie tatsächlich schon seit den frühen Anfängen ihrer Musikkarriere.

Die Sache mit dem Privatjet

Eines der häufigsten Argumente, die ich gegen Taylor Swift lesen muss, ist die Nutzung ihres Privatjets. Für besondere Aufruhr sorgte dabei der Fall eines Studenten, der es sich zur Aufgabe machte, Privatjets zu tracken und die dazugehörigen Daten zu veröffentlichen. Nun muss man wissen, dass Flugdaten öffentlich zugänglich sind. Brisant wird es aber spätestens dann, wenn es um die Sicherheit der Passagiere geht. Öffentliche Daten hin oder her – es muss doch jeder Person klar sein, wie gefährlich es sein kann, wenn man Flugdaten prominenter Persönlichkeiten öffentlich auf täglich milliardenfach von den verschiedensten Menschen mit den verschiedensten Absichten besuchten Plattformen teilt. Es ist, als wäre plötzlich ein Fadenkreuz auf ihnen platziert.
Dass das vielen Medien egal zu sein scheint, zeigt sich aber spätestens dann, wenn wieder einmal das mutmaßliche Hotel veröffentlicht wird, in dem Taylor während eines Tourstopps übernachten soll. Und das, obwohl die Polizei in Gelsenkirchen erst einen US-Amerikaner festsetzte, der Taylor und Travis stalkte und ihnen so sehr drohte, dass eine reale Gefahr für die beiden nicht ausgeschlossen werden konnte.

Finde ich gut, dass Taylor viel fliegt? Nein. Weiß ich eine bessere Lösung? Auch nicht. Was soll ein Superstar wie sie denn stattdessen tun? Dass sie nicht einmal so einfach auf einem großen öffentlichen Flughafen landen kann, sollte bereits 2015 klar geworden sein, als ein Auflauf an Fans die Abläufe am Narita Airport in Tokio gefährdete.
Noch dazu ist es auch ein wenig bigott, dass sich fast ausschließlich an Taylor Swift aufgehangen wird, die hin und wieder auch ihren Privatjet verleiht und bei der zumindest anhand ihrer Touren und Termine in Zusammenhang mit ihrer Musik auch nachvollziehbar ist, wieso sie so viel reisen muss. Wer weitaus weniger für die starke Nutzung ihrer Privatjets kritisiert wird, sind Prominente wie Floyd Mayweather, Jay-Z, A-Rod, Blake Shelton, Steven Spielberg, Kim Kardashian, Mark Wahlberg, Oprah Winfrey, Travis Scott, Elon Musk, die Rolling Stones und viele andere. Und dabei flog Kim Kardashian sogar einfach wegen ihres Hungers nach Käsekuchen von Los Angeles nach Paris! Aber nein – es ist, als sei Taylor Swift für viele für all das Leid und Unglück auf der Welt ganz allein verantwortlich. Ach und bevor wieder irgendjemand behauptet, sie sei schon wieder für 10 Minuten irgendwo hingeflogen – dir ist schon bewusst, dass auch durchaus unbemannte Flüge stattfinden, um Flugzeuge in die passenden Positionen zu bringen? Ein viel wichtigere Fakt ist aber folgender: Der Anteil des gesamten weltweiten Flugverkehrs an der Erhitzung des Klimas (CO2, liegt derzeit bei etwa fünf Prozent. Das ist zwar alles nicht schön, aber es gibt weitaus größere Stellschrauben bei der Rettung des Klimas als die Flüge einer Taylor Swift.

Ticketpreise im Vergleich

Einer der größten Kritikpunkte der jüngsten Berichterstattung waren ja die Preise für die Konzerte von Taylor Swift. Dass Konzerte prinzipiell teurer geworden sind, sollte niemandem entgangen sein. Dass ein Weltstar wie sie nicht allzu oft hier ist, sollte auch klar sein. Dass niemand über 3 Stunden Show sehen will, weil das psychotisch sei, hat Billie Eilish behauptet. Sieben ausverkaufte Shows und das umfassende Taylorgating (Versammlung um die Veranstaltungsorte zum gemütlichen Beisammensein, Konzert hören, Singen, Tanzen und Spaß haben) sprechen da allerdings eine ganz andere Sprache. Wer es zu keinem der Deutschland-Termine schaffte, hatte zumindest noch Gelegenheit dazu, sein Glück für die anderen eher nähergelegenen Konzerte in Paris, Stockholm, Lissabon, Madrid, Lyon, Edinburgh, Liverpool, Cardiff, London, Dublin, Amsterdam, Zürich, Mailand, Warschau und Wien zu versuchen.

Normalerweise verachte ich diese Vergleiche, deren einzige Basis darin besteht, dass es sich um zwei derzeit sehr erfolgreiche Musikerinnen handelt. Aber da es ja Trend geworden ist, meine Lieblingsmusikerin als Buhfrau für alles Leid auf der Welt hinzustellen, muss ich das alles mal ins Verhältnis rücken. Sorry an alle Fans von Adele. Es geht weder um sie persönlich, noch um euch. Hiermit will ich lediglich die verzerrte Einordnung zum Ausdruck bringen.

Ticketpreise für Taylor Swift im Olympiastadion München

TicketkategoriePreis
FOS (Stehplatz besonders nah an der Bühne)238,75 €
Stehplatz Innenraum123,75 – 181,25 €
Sitzplatz77,75 – 215,75 €

Das größte Preisproblem hier bestand darin, dass teilweise nur noch VIP-Packages vorhanden waren. Das hieß bei Taylor: Ticket (die teuersten Pakete aber zumindest jeweils mit Early Entry eine Stunde vor den anderen Fans) + Merch-Paket mit Postkarten, Erinnerungsticket, Plakaten, Jutebeutel, VIP-Pass als Erinnerungsstück usw.: 295,10 – 640,10 €.

Was man dafür bekam, waren ein 45-minütiger Auftritt ihrer langjährigen Freund*innen von Paramore (in London waren übrigens u.a. noch Gracie Abrams und Benson Boone mit von der Partie) und fast dreieinhalb Stunden Taylor Swift mit Liveband, Tänzer*innen, abwechslungsreichen Bühnenbildern, Kostümen und Feuerwerk. Unterm Strich gab es also mehr als 4 Stunden Unterhaltung aus 18 Jahren Musikgeschichte für einen Preis von ab 77,75 € bis maximal 640,10 €, letzteres aber eben auch mit früherem Einlass und Merch-Paket.

Das Problem mit dem Ticket Scalping

Was die Situation um die Tickets von Taylor Swift noch deutlich verschärfte, ist die allgemeine Lage mit sogenanntem Ticket Scalping. Grob gesagt kaufen hier Leute, oft mit Hilfe von Bots, in großem Stil Tickets und verkaufen diese zu deutlich teureren Preisen weiter. In den USA ist die Lage bereits so schlimm, dass es für viele Swifties von dort deutlich günstiger ist, einen kompletten Trip nach Europa zu unternehmen, als zu einem Konzert vor Ort zu gehen, sofern sie keinen Glück im regulären US-Vorverkauf hatten.
Doch auch hier war und ist die Lage mehr als suboptimal. Neben kleineren Kontingenten der örtlichen Fußballvereine gab es den Großteil der Tickets exklusiv im Vorverkauf bei Eventim und seinen jeweiligen Pendants. Diese Tickets waren personalisiert und ausschließlich in einer App abrufbar und ein Resale war lediglich über die dazugehörige Fansale-Plattform und nicht zu überhöhten Preisen möglich. Ziel dieser Maßnahme war die Unterbindung eines überteuerten Ticketschwarzmarktes. Was in der Theorie super klang, scheiterte aber in der Praxis: Es bürgerte sich ein, dass die Scalper zu kompletten Mondpreisen „Vorkaufsrechte“ versteigerten und zum Sofortkauf anboten. Fansale bietet nämlich die Möglichkeit, einen persönlichen Link zu generieren, um jemandem das Vorgriffsrecht auf die eigenen Tickets zu geben. Wer diese Gelegenheit nicht wahrnahm, saß zum Teil monatelang täglich für einige Stunden erfolglos vor Fansale, um kurzzeitig erscheinende Tickets doch nicht kaufen zu können, weil einen die Plattform entweder für einen automatisierten Bot hielt oder ein anderer Fan bereits schneller war. Ebay kam mit dem Löschen kaum hinterher, so schnell stellten die Scalper ihre Angebote wieder online und verlangten meist hunderte bis tausende Euro dafür, dass man dann noch einmal den regulären Ticketpreis und Gebühren an Eventim abtrat. Klar kann man jetzt sagen, dass die Nachfrage das Angebot bestimmt, aber man versetze sich einmal in die Lage eines Fans, der Taylor Swift schon seit Anfang ihrer Karriere verfolgt, bisher aber vielleicht nie die Gelegenheit hatte, sie live zu sehen. Es ist doch nun absolut verständlich, wenn dann eine gewisse Fear of missing out (FOMO) kickt. Alternativ sahen sich viele Fans auf Stubhub um, einer Reselling-Plattform, die zwar groß mit absoluter Sicherheit wirbt, den einen oder anderen Fan aus Nordamerika aber zum Beispiel in Gelsenkirchen enttäuscht und ohne reale Chance auf Eintritt zum Konzert zurückgelassen hat.
Es war ein einziges Trauerspiel. Bis zuletzt kannte ich Swifties, die es trotz großer Bemühungen nicht schafften, auch nur an ein einziges bezahlbares Ticket zu kommen. Mit der Preispolitik von Taylor Swift hatte das aber nichts zu tun.

Ticketpreise für Adele in München

Für Adele in München wurde eine riesige Bühne auf dem Gelände der Messe München aufgebaut. Sogar Asphalt wurde gegossen, damit die Fans bei Regen nicht in Pfützen stehen müssen. Es wird unter anderem mit einem 200 Meter langen Bildschirm, einem 93 Meter langen Catwalk und einer Adele-Erlebniswelt mit Getränken, Essen und einer Coverband rund um die errichtete Arena geworben.
Für die mittlerweile 10 Konzerte sollen Fans aus Europa und womöglich der ganzen Welt nach München anreisen. Denn andere Konzerte hat Adele für 2024 nicht geplant. Man muss also schon einmal damit rechnen, dass ein Großteil der Fans bereits viel Geld für Anreise und Übernachtungsmöglichkeiten zahlen wird.

TicketkategoriePreis
FOS 1419,90 €
FOS 2369,90 €
Floor Seating Front369,90 – 399,90 €
Floor Seating Back274,90 – 369,90 €
Seating Tribunes Front274,90 – 334,90 €
Seating Tribunes Back Lower149,90 – 229,90 €
Seating Tribunes Back Upper74,90 – 119,90 €
Platinum Ticket259,00 – 689,00 €

Auf adeleinmunich.com habe ich darüber hinaus weitere Preise für VIP Packages und Upgrades gefunden. Leider ist diese Website für meinen Geschmack allerdings etwas undurchsichtig strukturiert. Spontan konnte ich VIP-Packages für einen Preis von 583,50 bis 1252,50 € ausfindig machen, stieß allerdings ebenso auf sogenannte „Upgrades“ für allein 797,50 €. Als Inhalt für verschiedene Packages konnte ich unter anderem früheren Zugang zur Venue, einen Welcome-Drink, Catering (genauerer Rahmen jedoch unbekannt), ein nicht näher beschriebenes Adele-Geschenk, einen VIP-Pass als Erinnerungsstück und eine eigene Merch-Ausgabestelle ausmachen.
Über die Länge der Konzerte ist bislang nichts Genaueres bekannt. Los gehen soll es um 19.30 Uhr, je nach Plattform ist das Ende wohl irgendwo zwischen 22 und 23 Uhr angesetzt.

Die günstigsten Tickets waren natürlich schnell vergriffen, die teureren sind zu regelrechten Ladenhütern geworden. Aus diesem Grund werden mittlerweile auch sogenannte „Lucky Dip Tickets“ verkauft, wie es beispielsweise auch kürzlich schon bei Musikerin Pink gemacht wurde. Hier bekommen kurzentschlossene Interessierte ein Ticket für gerade einmal 35 €, erfahren aber erst vor Ort von ihrer genauen Platzierung. Die Tickets können weder zurückgegeben, noch übertragen werden. Einerseits scheinen Fans wohl immer wieder technische Probleme bei der Buchung dieser maximal zwei zulässigen Tickets zu haben und andererseits stimmen diese nun natürlich auch Fans sauer, die nun bereits viel mehr Geld für ihre Tickets in die Hand genommen haben, um den Megastar einmal live zu erleben. Darüber hinaus scheint bislang auch kein Resale für regulär gekaufte Tickets eingerichtet zu sein, was Fans der Sängerin nur zusätzlich frustriert.

Also wenn man mich fragt, dann sehe ich den Vorwurf, die Konzerte von Taylor Swift seien überteuert gewesen, gerade im Vergleich zu den Preisen bei Adele als absolut nicht gerechtfertigt an. Und ich habe noch gar nicht reguläre Shows anderer Stars ins Spiel gebracht, bei denen zum Teil auch dreistellige Preise für weit weniger der Spielzeit fällig wurden, weil jemand etwa keine Lust auf seinen eigenen Auftritt hatte oder bekifft die Bühne betrat…

Ich habe keinen blassen Schimmer, wer es tatsächlich bis hier hin ausgehalten hat. Aber falls du zu diesen Menschen gehören solltest, dann danke ich dir von Herzen dafür, dass du beim Namen „Taylor Swift“ nicht direkt auf Durchzug geschaltet hast. Vielleicht verstehst du nun, wieso der Rummel um Taylor kein (kurzfristiger) Hype ist. Eventuell verstehst du jetzt auch die Perspektive vieler Swifties etwas besser und kannst ihnen und Taylor zumindest mit einem Mindestmaß an Respekt begegnen.

Article Tags:
Kategorien:
Musiknews · Alles · Musikportraits