[dropcap]S[/dropcap]ofern ihr nicht unter einem Stein lebt, solltet ihr eigentlich von den jüngsten Ausschreitungen in Chemnitz gehört haben. Am kommenden Montag finden sich nun diverse deutsche Musiker*innen unter dem Motto #wirsindmehr zu einem kostenlosen Konzert zusammen, um für mehr Menschlichkeit zu demonstrieren.
Wie einige Leute von euch wissen könnten, stamme ich ursprünglich aus Sachsen und habe mich dort bereits seit meiner Jugend klar politisch positioniert und an diversen demokratiefördernden Projekten mitgewirkt. Umso schmerzhafter ist es nun, die derzeitigen Geschehnisse in Chemnitz zu verfolgen. Und umso wichtiger ist es für alle geworden, sich klar zu positionieren und zu zeigen, dass die Ausschreitungen nicht für die Meinung aller Menschen stehen.
Nun haben sich einige Künstler*innen zusammen getan, um am kommenden Montag, dem 03. September 2018, ein eindeutiges Zeichen zu setzen. Unter dem Motto #wirsindmehr versammeln sich Die Toten Hosen, Feine Sahne Fischfilet, Kraftklub, K.I.Z., Marteria, Casper, Nura (von SXTN) und Trettmann zu einem kostenlosen Konzert gegen Fremdenhass am Karl-Marx-Monument in Chemnitz.
Dies hier soll nun allerdings keine reine Konzertankündigung sein. Solltet ihr ernsthaft erwägen, die Veranstaltung am kommenden Montag zu besuchen, dann überlegt bitte eines gut: Fahrt ihr lediglich nach Chemnitz, weil ihr kostenlose Konzerte erleben möchtet und es in den sozialen Medien gut ausschaut oder nutzt ihr dies als Gelegenheit, um mit vielen Gleichgesinnten Menschlichkeit zu demonstrieren und laut gegen die faschistischen und rassistischen Strömungen Stellung zu beziehen? Klar ist es für den Symbolcharakter toll, dass so einflussreiche Musiker*innen kostenlose Konzerte spielen, um möglichst viele Menschen zu mobilisieren. Doch was bringt das alles, wenn ihr dann nicht genug Rückgrat besitzt, um sich auch lautstark zu äußern und für die gute Sache einzustehen, wenn die Auftritte vorbei sind? In Deutschland und auch anderswo ist es in den letzten Jahren und Monaten leider salonfähig geworden, fremden Menschen öffentlich mit Hass zu begegnen. Hass geschürt durch Unwissenheit, daraus resultierende Ängste und gezielte Manipulation. Wir müssen beweisen, dass wir aus der Geschichte gelernt haben und dürfen im Kampf gegen geistige Brandstiftung und für mehr Menschlichkeit nicht müde werden. Ich will gar nicht sagen, dass die gegenwärtige Asylpolitik in Deutschland besonders toll wäre. Stattdessen weiß ich aber, dass schutzbedürftigen Menschen eben jener gewährt werden muss. Sicher gibt es darunter auch ein paar Arschlöcher, deren Straftaten aufs Schärfste zu verurteilen sind. Doch darum sollte sich der Rechtsstaat und kein emotional getriebener wütender Mob kümmern.
Zu guter Letzt möchte ich den Besucher*innen dieser Veranstaltung noch eine Sache nahelegen: Passt bitte auf euch auf. Es ist nicht auszuschließen, dass die Situation am 03. September auch ernste Gefahren mit sich bringen könnte. Seid daher bitte nicht zu leichtsinnig unterwegs und reist unter keinen Umständen allein an.
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