
Drüben im Park kacken Vögel auf die Bänke wo seit 25 Jahren niemand gesessen hat. Hier in der Stadt schmerzen allen die Gelenke weil man die Bänke im Park völlig vergessen hat
Spaceman Spiff – Nichtgeschwindigkeit
Der Abend im ausverkauften und dennoch nicht eklig überfüllten Kölner Artheater beginnt tatsächlich noch vor 20 Uhr mit dem überaus sympathischen Marcel Gein. Etwas weniger Bart als in Erinnerung, Mütze und Hemd, optisch gesehen das absolute Nordlicht. Von Song eins an holt er mich mit seiner Gitarre genau dort ab, wo er mich 2015 stehen gelassen hat. Irgendwo zwischen Heinrich Heine und Saarbrooklyn. Marcel Gein ist wahrlich ein Teddybär mit leuchtenden Knopfaugen, markant-rauchiger Stimme, gefühlvollen deutsch- und englischsprachige Songs, gespickt mit einer gewissen Prise Witz und Charme. Oder präziser ausgedrückt: Vermutlich der Traum vieler Schwiegermütter und deren Töchter… Ja, Menschen mit Herz würden definitiv Marcel Gein hören. Als hätte mein Herz bei Vorprogramm des lebensgroßen Teddybären mit der Gitarre nicht schon verrückt gespielt, geht es nach nur kurzer Pause schließlich mit Hannes und Clara weiter – fast so wie vor etwa anderthalb Jahren. Nur, dass Clara mittlerweile auch ein paar Effekte für ihr Instrument bekommen hat. Verrückte Welt! Vielleicht stehe ich mit dieser Meinung allein da, aber ich finde, dieser Abend hat etwas Erwachsenes und dennoch sehr Unterhaltsames an sich. Hier und da Wein, die Menschen um uns herum überwiegend Ü20 und zum Teil bis über die Generation meiner Eltern hinausgehend. Kein Gedränge. Ein sich für die Cellistin Clara anbahnender Fanclub, der sich hier lautstark bemerkbar macht. Und wenn man nicht gerade für Clara, Marcel, Hannes oder die Techniker applaudiert, wird so aufmerksam gelauscht, dass man sogar das Klicken von Hannes’ Effekten hören kann. Manchmal wird stattdessen aber auch einfach lautstark mitgesungen, etwa beim Robbie Williams Klassiker “Angels” oder dem oft gewünschten “Vorwärts ist keine Richtung”. Neben dem einen oder anderen Lieblingslied genieße ich im Allgemeinen die Zusammenarbeit zwischen Spaceman Spiff, Clara Jochum und Marcel Gein. Auch, oder gerade, weil dabei nicht alles perfekt läuft und sie darüber spaßen, trifft dieses Konzert als Gesamtkunstwerk volle Kanne mitten ins Herz hinein. Auf dem schmalen Grat zwischen “he, Licht auf der Bühne!” und “psscht, bloß nicht die Stimmung mit dem lauten Auslöser der Spiegelreflex versauen” fällt mir die Entscheidung daher nicht allzu schwer. Kein Foto der Welt ist es wert, die so unvergleichlich schöne Atmosphäre großartig zu stören. Völlig aus den Socken haut mich persönlich ja die allerletzte Zugabe. So interpretieren Hannes und Clara doch tatsächlich das deutsche Volkslied “Die Gedanken sind frei” auf ihre ganz spezielle Art und Weise. Wahnsinn! Eins ist nach diesem Abend sicher: Spaceman Spiff Fans wissen, wo der Kapo ist.
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